Wichtiger Anker in einer instabilen Region
Al Oula/DAAD
Benjamin Schmäling und der deutsche Botschafter S. E. Bernhard Kampmann (von links) enthüllen gemeinsam die neu angebrachte Plakette der DAAD-Außenstelle.
Die DAAD-Außenstelle in Jordaniens Hauptstadt Amman ist seit Juni offiziell eröffnet. Der neue Leiter Benjamin Schmäling will die bestehenden Netzwerke ausbauen und die Zusammenarbeit mit dem Irak, den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie dem Libanon stärken.
Zahlreiche Alumni aus dem Irak, Jordanien, dem Libanon und den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie Vertreterinnen und Vertreter von deutschen, jordanischen und weiteren Hochschulen aus der Region nahmen an der hybriden Eröffnungsfeier der neuen DAAD-Außenstelle Amman teil. Und sie haben das gemacht, was dem neuen Außenstellenleiter Benjamin Schmäling besonders wichtig ist: netzwerken. „Wir haben das Programm der Eröffnungsfeier bewusst so angelegt, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verschiedene Möglichkeiten hatten, mit neuen potenziellen Partnerinnen und Partnern in Kontakt zu kommen“, sagt Schmäling. In einer Podiumsdiskussion reflektierten Rednerinnen und Redner aus Jordanien, dem Irak und Deutschland den aktuellen Stand der Hochschulkooperationen: Wo stehen wir, welche politischen Unterstützungsmaßnahmen sind erforderlich, und welche Wünsche haben die Hochschulen? Ein Ergebnis war, dass die Internationalisierung einen harten Wettbewerb um die besten Talente mit sich bringt. Umso wichtiger sei es, erfolgreiche Kooperationen voranzutreiben und neue aufzubauen.
Stabiler Standort in der Region
Im Januar 2020 wurde das bisherige Information Center des DAAD – gegründet 2012 – in eine Außenstelle umgewandelt, deren Leitung Benjamin Schmäling im Februar 2021 von seiner Vorgängerin Gabriele von Fircks übernommen hat. Aufgrund der langjährigen Präsenz in Jordanien hat der DAAD bereits zuverlässige Partner vor Ort: zum Beispiel die German Jordanian University (GJU), die 2005 gegründet wurde und im vergangenen Jahr ihr 15-jähriges Bestehen feierte. Oder die JUST, die Jordan University of Science and Technology, sowie die University of Jordan (UJ). Der deutsche Botschafter Bernhard Kampmann betonte bei der Eröffnung, dass Jordanien in der teilweise instabilen Region ein wichtiger Anker sei. Denn um Wissenschaften und Technologien gemeinsam auf Hochschulebene zu entwickeln, brauche es eine freie Atmosphäre, wie sie in Jordanien herrsche. Daher sei die neue Außenstelle hier genau am richtigen Ort.
Alumni kennen Perspektivwechsel
„Die etablierten Kooperationen werden wir pflegen und ausbauen“, erläutert Schmäling. „Aber noch stärker wollen wir über die neue Außenstelle die Zusammenarbeit mit weiteren Hochschulen fördern.“ Als Beispiel nennt er die Mutah University in Kerak im dünn besiedelten Süden des Landes. Sie lege einen starken Fokus auf die regionale und gesellschaftliche Einbettung. Gerade die jüngeren, kleineren und oft privaten Hochschulen versuchten, sich stärker am Arbeitsmarkt zu orientieren. Auch wenn ihre Ausbildung selbst noch theorielastig sei, hätten diese Hochschulen den großen Wunsch und die Bereitschaft, enger mit der Industrie und potenziellen Arbeitgebern zusammenzuarbeiten. Mit wem Schmäling bei dieser neuen Schwerpunktsetzung besonders intensiv zusammenarbeiten möchte, sind die DAAD-Alumni: „Sowohl an der Mutah University als auch an der Yarmuk University im nördlichen Irbid sind sehr engagierte Alumni als Lehrkräfte vor Ort, die für mich ein wichtiger Draht zur jeweiligen Universität sind. Beide Alumni waren in Deutschland und haben den Perspektivwechsel selbst erlebt. Sie können mir den jordanischen Kontext und umgekehrt den jordanischen Hochschulpräsidentinnen und -präsidenten den deutschen Kontext erklären. Das ist enorm hilfreich.“
Um genau diese Augenhöhe ging es bei der Eröffnungsfeier auch Dr. Heidi Wedel, Leiterin des Alumni-Referats im DAAD: „Wir sehen Sie als Partnerinnen und Partner sowie Beraterinnen und Berater für die Beziehungen unserer Länder.“ Und Tawfiq Abu Irsheid, Präsident der Alumni-Vereinigung JADU (Jordanische Alumni Deutscher Universitäten) ergänzte: „Wir wollen nicht nur Botschafter zwischen Jordanien und Deutschland sein, sondern auch innerhalb unserer Region.“
Video: Porträt der DAAD-Außenstelle Amman
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Gesellschaftliche Reichweite von Hochschulbildung und Forschung
Aber nicht nur die Alumni im Hochschulbereich sind für den Außenstellenleiter entscheidende Netzwerkpartner. In Jordanien gibt es viele Alumni, die in der Wirtschaft tätig sind. Dazu Schmäling: „Forschung braucht immer eine gesellschaftliche Anbindung. Akademiker sollen nicht nur untereinander an globalen Herausforderungen zusammenarbeiten, sondern beispielsweise NGOs und Unternehmen einbinden. Das möchten wir mit der Außenstelle ebenfalls fördern.“
Verankerung in der Region
Zum Aufgabenbereich der neuen Außenstelle gehören über Jordanien hinaus auch die Vereinigten Arabischen Emirate, der Irak und der Libanon. „Trotz Corona konnten wir dank der virtuellen Kanäle schon einiges auf die Beine stellen und uns beispielsweise an den Hochschulen im Irak präsentieren“, berichtet Schmäling. Die manchmal schwierige Sicherheitslage lässt deutsche Hochschulen bei einem Engagement auf der arabischen Halbinsel zögern. Umso hilfreicher ist es für Schmäling, dass das DAAD-Kompetenzzentrum Internationale Wissenschaftskooperationen (KIWi) gerade an einem Leitfaden für Kooperationen mit dem Libanon, dem Irak und Jordanien arbeitet: „Damit können wir interessierten deutschen Hochschulen eine noch bessere Beratung und Orientierung an die Hand geben.“
Außenstellenleiter Benjamin Schmäling hat mit dem DAAD-Alumnus Dr. Abdelnasser Hindawi sowie den Programmkoordinatorinnen Nadia Shugair, Luna Ismail und Amani Kassis (von links) ein engagiertes und erfahrenes Team an seiner Seite.
Digitalisierung nutzen
Benjamin Schmäling steht am Anfang seiner Amtszeit als Außenstellenleiter. Der 37-Jährige, gelernter Germanist und Romanist, hat sechs Jahre lang in Frankreich an der Universität Lille III und an der Sorbonne in Paris Deutsch als Fremdsprache gelehrt. Parallel zu seiner Pariser Zeit kümmerte er sich um das Lektorenprogramm an der dortigen DAAD-Außenstelle und setzte bereits 2013 erste Blended-Learning-Formate auf. Nach seiner Zeit in Paris war er zwei Jahre in der Strategieabteilung des DAAD für die interaktive Plattform Dhoch3 verantwortlich. Gemeinsam mit deutschen Hochschulen hat er Studienmodule für die Ausbildung von Deutschlehrenden an ausländischen Hochschulen konzipiert. „An digitalen Formaten habe ich ein großes Interesse. Aber sie müssen didaktisch gut gemacht sein.“ Daher verfolgt Schmäling gespannt, was die jordanischen Universitäten während der Corona-Pandemie auf die Beine gestellt haben. Im Laufe des Jahres plant er mit seinem Team eine Veranstaltung zum Thema digitale Lehre für Lektorinnen und Lektoren sowie generell Lehrende der jordanischen Hochschulen.
Astrid Hopp (16. Juni 2021)
Kurz nachgefragt bei Benjamin Schmäling
Das Wüstenschloss Qasr Amra.
Ihr Lieblingsort
In meinem Wohnviertel Weibdeh fühle ich mich sehr wohl. Aber wenn ich Zeit habe, erkunde ich am liebsten die Wüsten. Diese sind landschaftlich sehr unterschiedlich und für mich ganz neu und extrem spannend. Ich miete mir häufiger ein Auto und fahre für einen Tag oder ein langes Wochenende in die Wüste.
Ihre Lieblingsbeschäftigung?
Ich habe viele Jahre Theater gespielt. Aber leider ist mein Arabisch noch längst nicht so gut, als dass dies hier möglich wäre. Außerdem kenne ich die hiesige Theaterszene bislang zu wenig. Ich habe noch nicht herausfinden können, ob es freie Gruppen gibt. Zur Not muss ich meine eigene Theatergruppe gründen.
Ihr Lieblingsessen?
Mansaf, das Nationalgericht der Jordanier aus Reis, Lamm und Jameed, einer Sauce aus Ziegenmilch, ist sehr lecker. Aber noch viel besser finde ich Mezze, die kleinen Vorspeisen, die man aus Spanien als Tapas kennt. Bei mir um die Ecke gibt es ein sehr gutes Restaurant, das Spezialitäten aus verschiedenen Regionen Jordaniens anbietet. Da möchte ich mich noch durch die ganze Karte essen.