Hochschulinitiativen bringen Menschen in Europa über Erasmus+ zusammen

European Union 2021/iStockphoto.com

In der neuen Erasmus+ Programmgeneration steht die demokratische Teilhabe im Vordergrund.

Seit 30 Jahren fördert der DAAD Lokale Erasmus+ Initiativen (LEI) an Hochschulen in ganz Deutschland – mit großem Erfolg für die Integration internationaler Studierender. Nun weiten die LEI ihre Aktivitäten auch in das gesellschaftliche Umfeld der Hochschulen aus, um noch intensiver in den Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern zu kommen. 

Demokratische Partizipation – das ist auch in der neuen Erasmus+ Programmgeneration eines der zentralen Themen, das sich durch alle Fördermöglichkeiten für Aktivitäten und Projekte (Leitaktionen) sowie Bildungsbereiche zieht. Sie hat vor allem zum Ziel, die Jugend Europas an demokratischen Prozessen zu beteiligen, um so eine stärkere Identifikation mit der Europäischen Union zu erreichen. Ein Instrument dafür sind die seit vielen Jahren über das Erasmus-Programm geförderten Auslandsaufenthalte, dank derer junge Menschen aus unterschiedlichen nationalen und kulturellen Kontexten in Europa zusammenkommen. „Ihnen wird so bewusst, welche gemeinsamen Werte und Grundrechte Europa zusammenhalten“, sagt Dr. Stephan Geifes, Direktor der Nationalen Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeit im DAAD. 

Einer der Pfeiler, die seit 30 Jahren zum direkten Austausch und zu interkulturellen Erfahrungen beigetragen haben, sind die Lokalen Erasmus+ Initiativen. Im Jahr 1991 unterstützte das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft mit 27.000 D-Mark erstmals 19 über den DAAD geförderte studentische Initiativen an deutschen Hochschulen. Über internationale Abende mit Gaststudierenden aus aller Welt, Stammtische, Sprachencafés oder Stadtführungen halfen die Studierenden der gastgebenden Hochschulen ihren internationalen Kommilitoninnen und Kommilitonen bei den großen und kleinen Fragen des alltäglichen und studentischen Lebens – ein Ansatz, der sich über die Jahre mehr als bewährt hat. So unterstützt der DAAD derzeit 117 LEI, die sich mittlerweile zu einem festen Bestandteil an den Hochschulen entwickelt haben. Die Mitglieder, die meist auch am Erasmus-Programm teilgenommen haben, tragen maßgeblich dazu bei, dass sich immer mehr Studierende für einen durch Erasmus+ geförderten Auslandsaufenthalt entscheiden und dass sich internationale Studierende an deutschen Hochschulen wohlfühlen. „Europa ist für mich Diversität und Vielfalt, Austausch und Zusammenarbeit. Europa ist eine Gemeinschaft, eine Identität mit unzähligen Subidentitäten, die immer mehr zusammenwachsen und den europäischen Zusammenhalt stärken“, sagt die Studentin Amanda von der LEI Augsburg.

Hochschulinitiativen bringen Menschen in Europa über Erasmus+ zusammen

DAAD

30 Jahre Lokale Erasmus+ Initiativen: Im Jahr 2021 war wegen der Pandemie besondere Kreativität gefragt.

Kreative Initiativen in Zeiten der Pandemie
Das Jubiläum stand auch im Mittelpunkt des LEI-Jahrestreffens Anfang Oktober, bei dem die Mitglieder viel Lob und Dank für ihr ehrenamtliches Engagement vom DAAD und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erhielten. Dort zeigte sich auch, dass die Pandemie es den LEI erschwerte, ihre Angebote am Laufen zu halten. Um den Kontakt zu den internationalen Studierenden nicht abbrechen zu lassen, zeigten sich viele Initiativen kreativ und verlagerten ihre Angebote kurzerhand ins Internet. So bot die Technische Hochschule Rosenheim beispielsweise ein Onlineevent an, bei dem Erasmus-Geförderte und andere internationale Studierende deutsche Biere und lustige Fakten über Deutschland kennenlernten. Die Universität Trier veranstaltete einen Erasmus-Fotowettbewerb. Sofern es die Coronabedingungen erlaubten, organisierten die LEI Grillabende, Kanutouren und Literaturlesungen. Die schönsten Aktionen 2021 wurden beim LEI-Jahrestreffen prämiert. Es gewann die LEI der Europa-Universität Flensburg mit ihrem Beitrag zur „Jerusalema-Challenge“. Entstanden ist ein Video, das in Zusammenarbeit von deutschen und internationalen Studierenden aufgenommen wurde und den Geist Europas eindrucksvoll widerspiegelt. 

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Welche Rolle soll Europa zukünftig spielen? Die Word Cloud zeigt die Antworten der LEI-Mitglieder beim diesjährigen Jubiläums-Jahrestreffen.  

Vernetzung zwischen Hochschulen und Gesellschaft
Gleichzeitig ist es den LEIs in den vergangenen Jahren auch gelungen, ihre Aktivitäten auf das gesellschaftliche Umfeld der Hochschulen auszuweiten – mit dem Ziel, sich intensiver mit Bürgerinnen und Bürgern auszutauschen. „Durch die soziale Interaktion und das daraus entstehende Gemeinschaftsgefühl werden Vorurteile abgebaut, es wird Vertrauen aufgebaut und für ein besseres gegenseitiges Verständnis gesorgt“, sagt Martin Schifferings, Leiter des DAAD-Referats Kommunikation und studentisches Engagement für Europa. Ein Ansatz dafür ist der Europatag, von den LEI umgesetzt über Infostände und lokale Aktionen, die für Präsenz in den Städten sorgen und damit den europäischen Gedanken in Deutschland erlebbar machen. Eine andere Möglichkeit bieten die ErasmusDays: Seit 2017 werden jedes Jahr im Oktober europaweit Veranstaltungen angeboten, die versuchen, einer breiten Öffentlichkeit das Erasmus+ Programm und die Vorzüge der EU näherzubringen. Im vergangenen Jahr setzten die Initiativen erfolgreich auf digitale Angebote zu Themen wie Online-Learning, Umweltschutz, Gesundheit, Solidarität und Inklusion. Eine andere Option ist die Initiative „SocialErasmus“ der internationalen Studierendenorganisation European Student Network (ESN). Dabei helfen internationale Studierende aus den LEI bei gesellschaftlichen Projekten mit, etwa indem sie Lebensmittel an Bedürftige über die Tafeln verteilen oder in Kinder- und Tierheimen mitarbeiten. Die Gaststudierenden können sich so schneller in Deutschland integrieren und darüber hinaus Erfahrungen sammeln, von denen sie nach ihrem Aufenthalt auch in ihren Heimatländern profitieren. „Das ehrenamtliche Angebot ermöglicht eine Vernetzung zwischen den Austauschstudierenden, den Studierenden der Universität und der Stadtgesellschaft“, sagt der Prorektor für Internationales und Transfer, Prof. Dr. Michael Quante, von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Dieses Engagement sei ein Beitrag zur Stärkung des europäischen Gedankens, für den er dankbar sei.

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Martin Schifferings leitet im DAAD das Referat Kommunikation und studentisches Engagement für Europa.

Onlinedialog mit der Kanzlerin
Einen zusätzlichen Schub für die Idee der demokratischen Teilhabe soll die digitale, in 24 Sprachen verfügbare Plattform für die Konferenz zur Zukunft Europas bringen. Mit dieser Onlineplattform soll ein Ort entstehen, wo Ideen gesammelt und ausgetauscht werden, etwa zu den Themen Klimawandel, Umwelt, Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit, digitaler Wandel oder Migration. Bestandteil dieser Konferenz war auch ein Onlinedialog, bei dem sich Bundeskanzlerin Angela Merkel Ende Juni mit europäischen Studierenden austauschte. „Europäische Diversität weiterhin zelebrieren zu können, ist eine Bereicherung, und dass wir uns trotz dieser Vielfalt geeint sehen können, dafür lohnt es sich zu kämpfen“, sagte die Studentin Stella Kim, die sich an dem Dialog beteiligte. Bis zum Frühjahr 2022 sollen Schlussfolgerungen aus dem Format vorliegen.

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Erasmus-Studierende und DAAD-Alumni tauschen sich auf der Konferenz zur Zukunft Europas im Bürgerdialog mit Bundeskanzlerin Angela Merkel aus.

Benjamin Haerdle (19. Oktober 2021)