„Wo ich sehr gerne weiterforschen würde …“
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Großes Potenzial: der Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Medizin.
Die internationale Netzwerkveranstaltung des DAAD für Postdocs fand in diesem Jahr überwiegend virtuell statt: ein spannender Austausch zu Künstlicher Intelligenz (KI) in der Medizin.
Ende September 2021 verfolgten internationale Nachwuchsforschende die virtuelle Reise Postdoc-Net-AI, um so insgesamt zehn deutsche Universitäten und Forschungsinstitute von Lübeck bis Tübingen kennenzulernen, welche Künstliche Intelligenz in der Medizin einsetzen beziehungsweise erforschen. Über diese Präsentationen hinaus konnten interessierte Postdocs auch Einzelgespräche führen. „Hierüber fand dann gewissermaßen das Matchmaking zwischen passenden Fellows und Gastgeberinnen und Gastgebern statt“, erklärt Luca Wettlaufer, beim DAAD verantwortlich für das Postdoc-Net-AI-Projekt. „Unter den Doktorandinnen und Doktoranden befanden sich viele spannende Persönlichkeiten. Vielleicht können wir über die Netzwerkwoche neue fähige KI-Forscherinnen und -Forscher für Deutschland gewinnen.“
Barrieren abbauen
„Dieses DAAD-Programm ist eine gute Methode, um Barrieren ein Stück weiter abzubauen und einen einfacheren Einstieg nach Deutschland als Forschungsstandort zu bekommen“, sagt Prof. Dr. Julia Schnabel, die auf der Netzwerkwoche sowohl die Technische Universität München als auch das Helmholtz Zentrum München präsentierte und zu Künstlicher Intelligenz in der medizinischen Bildverarbeitung forscht. „Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten schon Erfahrung mit meinem Forschungsschwerpunkt, und so war es mir eine große Freude, den internationalen Nachwuchs während dieser Networking-Tour kennenzulernen.“
Prof. Schnabel, die vorher am King’s College London eine Professur hatte, sieht großes Potenzial von KI in der Medizin: „Der Einsatz Künstlicher Intelligenz kann die Bereiche Prädiktion und Diagnostische Verfahren erheblich verbessern. In der Medizin gibt es sehr viele heterogene Patientendaten, dazu gehören auch die Kranken- und Familiengeschichte. Das ist ein unglaublich großer Datenberg, den wir nur mit KI besser verstehen können. Hier gibt es noch viele Forschungsmöglichkeiten.“ Die Nachwuchsforschenden, die an der virtuellen Tour teilgenommen haben, bekommen im Nachgang die Gelegenheit zu einer individuellen Reise, um die für sie interessantesten Institute auch persönlich besuchen zu können. Einige haben dies gleich im Anschluss realisieren können. Vier der Teilnehmenden berichten, was sie bereits aus der virtuellen Tour mitnehmen konnten.
Jiancheng Yang ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am CVLab der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) in der Schweiz. In seiner Forschung konzentriert sich Jiancheng, der in Shanghai Machine Learning studiert hat, auf medizinische Bildanalyse und 3D-Computervision mit einem klinischen Schwerpunkt auf Lungenkrebs und Thoraxkrankheiten.
„Die Postdoc-Net-AI-Woche war für mich eine gute Gelegenheit, um auf offiziellem Weg mehr über KI-Forschung in Deutschland zu erfahren. Die vielen hochkarätigen Forschungsteams waren mir durchaus bewusst, aber ich hätte nicht gedacht, dass ich die mal kennenlernen würde. Neben der sehr netten Betreuung durch das DAAD-Team hat mir diese Networking-Veranstaltung die Möglichkeit gegeben, mehr junge Forschende mit ähnlichen Interessen kennenzulernen. Ich persönlich finde es cool, die 3D-Welt mit Berechnungsmethoden zu verstehen und diese Techniken anzuwenden, um spezifische Herausforderungen in medizinischen Szenarien zu lösen. Ich möchte quantitative Tools entwickeln, die die Präzisionsmedizin und die Gesundheitsversorgung erleichtern. Seit kurzem arbeite ich an geometrischem Deep Learning in der medizinischen Bildgebung.“
Adèle Ribeiro arbeitet als Postdoc-Forscherin im Causal AI Laboratory am Data Science Institute an der Columbia University in New York. Ihre Forschung vereint Informatik, Statistik und künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen.
„Ein großartiger Aspekt der Forschung in Deutschland, der mir aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass die Projekte alle sehr interdisziplinär und kollaborativ ausgerichtet sind sowie Forschende und Fachleute aus Universitäten, Krankenhäusern, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Unternehmen einbeziehen. Dies ist von grundlegender Bedeutung für die Förderung von Innovation und die Entwicklung von Spitzenforschung. Vor diesem Hintergrund hat mich zum Beispiel das KI-Forschungskonsortium Cyber Valley sehr beeindruckt – mit seinen Partnern aus mehreren Universitäten, Forschungsinstituten und der Industrie, darunter die Universität Tübingen, das Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme, Bosch und Amazon. Insgesamt hat es mich sehr gefreut, in einer Woche so eine große Themenbandbreite von KI in der Medizin kennengelernt zu haben, die sich von der Krankheitsdiagnose bis hin zu chirurgischer Robotik bewegt hat.“
Oluwafemi Sarumi ist Dozent und Forscher an der Fakultät für Computer Science an der Federal University of Technology Akure (FUTA) in Nigeria. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Data Science, Deep Learning und Machine Learning für medizinische Diagnosen.
„Meine Leidenschaft für die KI-Forschung rührt von den Möglichkeiten her, komplexe Aufgaben zu vereinfachen, die Abhängigkeit von menschlichen Arbeitskräften zu verringern und neue Methoden für Problemlösungen zu entdecken. Die virtuelle Netzwerkwoche hat mir die großartige Gelegenheit geboten, Einblicke in die deutsche KI-Landschaft zu gewinnen, mit deutschen Spitzenprofessorinnen und -professoren in Kontakt zu treten und mehr über KI an deutschen Universitäten zu erfahren, wo ich gerne als Postdoc meine KI-Forschungen, zum Beispiel wie KI in der medizinischen Bildgebung eingesetzt werden kann, fortsetzen würde. Gern würde ich weitere Einblicke in die deutsche KI-Forschung gewinnen und mit deutschen Forschenden über aktuelle Forschungstrends in der KI diskutieren, um so auch Möglichkeiten für Kooperationen und Partnerschaften im akademischen Bereich und in der Industrie zu finden.“
Vlada Rozova ist Forschungsstipendiatin für angewandte KI in der Medizin am Royal Melbourne Institute of Technology (RMIT University). Sie hat Angewandte Mathematik und Informatik in Moskau studiert sowie Mathematische Biologie in Sydney.
„Mein Ziel liegt darin, Krankheiten wie Krebs mit KI besser zu verstehen. In meiner Doktorarbeit habe ich maschinelles Lernen auf klinische und mikroskopische Bilder angewandt, um Einblicke in die Prozesse des Tumorwachstums und der Metastasierung zu gewinnen. Ich denke, eine frühzeitige Diagnose und eine genaue Vorhersage des Krankheitsverlaufs sind der Schlüssel zur Wahl der richtigen Therapie und zur Verbesserung der Heilungschancen für die Patientinnen und Patienten. Künstliche Intelligenz eröffnet hier ganz neue Möglichkeiten. Die virtuelle Tour des DAAD hat mir tiefe Einblicke in die medizinische KI-Forschung in Deutschland verschafft, und vielleicht kann ich dort meinen nächsten Karriereschritt machen. Ich würde gerne weiterkommen in diesem Bereich, damit KI stärker Einzug findet in den Klinikalltag. Es braucht immer noch viel Überzeugungsarbeit, damit Fachleute in Kliniken akzeptieren, dass KI im Alltag wirklich eine große Hilfe für sie sein kann.“
Klaus Rathje (29. Oktober 2021)