Indo-Pazifik: Chancen und Herausforderungen der Kooperation

DAAD/KIWi

Der indo-pazifische Raum ist in den vergangenen Jahren wirtschaftlich und politisch immer bedeutsamer geworden.

Das Kompetenzzentrum Internationale Wissenschaftskooperationen (KIWi) veranstaltet am 4. November einen Policy Talk zu den Indo-Pazifik-Leitlinien, mit denen die Bundesregierung den Zugang zu der dynamischen Wissenschaftsregion forcieren möchte. DAAD-Außenstellenleiterinnen und -leiter in China, Indien, Japan und Vietnam erläutern, wo Chancen und Herausforderungen der aktuellen Zusammenarbeit mit Deutschland liegen.

Indo-Pazifik: Chancen und Herausforderungen der Kooperation

Privat

China: Ruth Schimanowski leitet die DAAD-Außenstelle Peking.

Welche fachlichen Themen stehen derzeit vor allem im Fokus der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit? 
China definiert die Inhalte seiner Kooperationen aus einem starken nationalen Interesse heraus und dem Ziel der Weltführerschaft in Schlüsseltechnologien. Künstliche Intelligenz, Quantenkommunikation, Biotechnologie sowie die Tiefsee-, Polar- und Weltraumforschung gehören dazu. Viele dieser Themen werden durch Kooperationen im Rahmen des deutsch-chinesischen Regierungsabkommens zur wissenschaftlich-technologischen Zusammenarbeit abgedeckt. Die DAAD-Förderungen liegen traditionell in der Ingenieursausbildung und in gemeinsamen Studienprogrammen für Wirtschafts-, Sprach- und Rechtswissenschaften. Bei individuellen Stipendien ist die Nachfrage aus China außerdem in den Naturwissenschaften sehr hoch – allerdings nicht umgekehrt.

Worin sehen Sie die Chancen dieser Kooperationen?
China strebt eine größere Unabhängigkeit vom Ausland und eine Stärkung der inneren ökonomischen Resilienz an. Trotzdem braucht und fördert China internationale Zusammenarbeit und den Austausch, um seine ehrgeizigen Ziele zu erreichen. Deutschland wiederum hat ein Interesse daran, mit China bei der Lösung globaler Probleme wie der Klimakrise zusammenzuarbeiten. Wir möchten durch Kooperationen von der wachsenden Forschungsinfrastruktur und den dynamischen Entwicklungen beim akademischen Nachwuchs profitieren. Der DAAD, die deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind wichtige und in China willkommene Akteure.

Vor welchen Herausforderungen steht die Zusammenarbeit der deutschen und chinesischen Hochschulen?
Es ist eine Herausforderung, Themen zu definieren, die in die politische Großwetterlage passen. In China dominiert der Wettstreit mit den USA die Diskussionen, in Europa wird ein China-Engagement zunehmend aufgrund der Systemrivalität hinterfragt und problematisiert. Aus meiner Erfahrung ist der Austausch mit chinesischen Akademikerinnen, Akademikern und Studierenden sehr fruchtbar. Die Einreisebeschränkungen nach China machen es für Deutsche unmöglich, vor Ort eine authentische China-Kompetenz zu erlangen. Das hat den akademischen Austausch in eine gefährliche Schieflage gebracht. Erschwerend kommt hinzu, dass in China die Freiräume für Dialog geschrumpft sind. Einen Handlungsrahmen zwischen dem zentralistisch autoritären China und Deutschland als liberale Demokratie abzustecken, erfordert politischen Takt, strategische Schärfe und Resilienz. Das ist zeit- und kostenintensiv. 

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Alexandru Spineanu

Indien: Dr. Katja Lasch leitet die DAAD-Außenstelle Neu-Delhi.

Welche fachlichen Themen stehen derzeit vor allem im Fokus der deutsch-indischen Zusammenarbeit? 
Die Kooperation mit Indien ist breit aufgestellt, und es werden gemeinsame Kooperationsprojekte in allen Fachrichtungen, auch den Geistes- und Sozialwissenschaften, durchgeführt. Dennoch liegt ein gewisser Schwerpunkt in den Naturwissenschaften, etwa der Chemie und den Lebenswissenschaften, da hier unter anderem die indische Regierung Forschungsprojekte kofinanziert. Die deutsch-indischen Regierungskonsultationen haben im Jahr 2019 einige Zukunftsthemen definiert, darunter etwa Künstliche Intelligenz, grüne Mobilität und Nachhaltigkeit.

Worin sehen Sie die Chancen dieser Kooperationen?
Im indischen Wissenschaftssystem ist derzeit vieles in Bewegung. Die „New Education Policy“ sowie der Entwurf zur „Science and Technology Policy“ greifen das Thema Internationalisierung auf. Es sind verschiedene Maßnahmen vorgesehen, wie etwa ein Credit-Transfer-System, welche die Rahmenbedingungen für internationale Kooperationen erleichtern werden. Zudem sind die Budgets für die Wissenschaft während der Pandemie nicht gekürzt worden. Die indische Regierung investiert weiter in Hochschulen und Forschung und auch in internationale Kooperation. So führen der DAAD, aber auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, weiterhin gemeinsame Calls mit indischen Partnerorganisationen durch. Dadurch ergeben sich Chancen für neue Partnerschaften. Es geht also auch in der Zukunft darum, partnerschaftlich zu arbeiten und Austausch in beide Richtungen zu ermöglichen. 

Vor welchen Herausforderungen steht die Zusammenarbeit der deutschen und indischen Hochschulen?
Eine Herausforderung für deutsche Hochschulen ist weiterhin, in Indien passende Kooperationspartner zu finden: Es gibt mehr als 1.000 Universitäten und 34.000 Colleges. Zu erkennen, was eine gute Hochschule ausmacht und mit wem man vertrauensvoll zusammenarbeiten kann, erschwert am Anfang die Orientierung. Zudem sollten Hochschulen bei der Zusammenarbeit mit indischen Partnern für politische Themen sensibel sein. Die Wissenschaftsfreiheit ist laut dem Academic Freedom Index in Indien in den letzten Jahren kontinuierlich eingeschränkt worden und Hochschulen sehen sich punktuell politischer Einflussnahme ausgesetzt. Indien legt zudem vermehrt Wert darauf, Wertschöpfungsketten und damit verbunden etwa Patente im Land zu behalten. Dies sollte man bei gemeinsamen Vorhaben vor allem im Bereich der angewandten Forschung mit bedenken. 

Indo-Pazifik: Chancen und Herausforderungen der Kooperation

DAAD Tokyo

Japan: Dorothea Mahnke (l.) ist Leiterin der DAAD-Außenstelle Tokyo und Direktorin des Deutschen Wissenschafts- und Innovationshauses Tokyo (DWIH). Dr. Laura Blecken ist Programmkoordinatorin des DWIH Tokyo und stellvertretende Leiterin der DAAD-Außenstelle.

Welche fachlichen Themen stehen derzeit vor allem im Fokus der deutsch-japanischen Zusammenarbeit?  
Japan und Deutschland kooperieren in vielen Bereichen. Besonders im Fokus stehen die Themen Wasserstoff und Künstliche Intelligenz (KI). Hier hat sich in den vergangenen Jahren der Dialog zwischen Deutschland und Japan intensiviert.  

Worin sehen Sie die Chancen dieser Kooperationen? 
Wasserstoff und KI sind Zukunftsthemen, die in den Strategiepapieren der Regierungen Japans und Deutschland Schlüsselpositionen einnehmen. In der Wasserstofftechnologieforschung zählt Japan global zu den Spitzenreitern. Um die Kohlenstoffneutralität bis 2050 zu erreichen, setzt das Land auf Wasserstoff. Die Forschungszusammenarbeit zwischen den beiden Staaten entwickelt sich in diesem Bereich gerade sehr dynamisch. In der KI-Forschung verbinden Japan und Deutschland die ethischen Zielsetzungen. Japan hat Prinzipien für eine „menschenzentrierte KI” („human-centric AI”) formuliert. Das DWIH Tokyo arbeitet in diesem Bereich eng mit den deutschen DWIH-Unterstützern und japanischen Partnern wie dem AI Japan R&D Network zusammen. Aus unserem ersten „Japanese-German-French DWIH Symposium on Artificial Intelligence“ im Jahr 2018 ist eine trilaterale KI-Ausschreibung hervorgegangen, die viele interessante Projekte angestoßen hat. Für das Jahr 2022 ist das dritte KI-Symposium mit Japan und Frankreich geplant. 

Vor welchen Herausforderungen steht die Zusammenarbeit der deutschen und japanischen Hochschulen? 
Um die Pandemie zu bekämpfen, hat die japanische Regierung einen Einreisestopp verhängt. Deutsche Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können momentan nicht nach Japan einreisen. Die strengen Quarantänebestimmungen halten aber auch japanische Forscherinnen und Forscher von Reisen nach Deutschland ab. Das ist eine große Belastung für den wissenschaftlichen Austausch. 

Indo-Pazifik: Chancen und Herausforderungen der Kooperation

DAAD

Vietnam: Stefan Hase-Bergen leitet die DAAD-Außenstelle in Hanoi.

Welche fachlichen Themen stehen derzeit vor allem im Fokus der deutsch-vietnamesischen Zusammenarbeit? 
Deutsche und vietnamesische Hochschulen arbeiten in Bereichen wie Wirtschaftswissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Agrar- und Forstwirtschaft, Umweltwissenschaften sowie in den Naturwissenschaften und Medizin zusammen. Dagegen spielen die Sozial- und Geisteswissenschaften in den Kooperationen eher eine untergeordnete Rolle. Die Zusammenarbeit konzentriert sich bislang vor allem auf die Lehre. Langsam gewinnt aber auch die Kooperation in der Forschung an Bedeutung.

Worin sehen Sie die Chancen dieser Kooperationen?
Deutsche Hochschulen können von leistungsstarken und leistungsbereiten vietnamesischen Studierenden profitieren, die gerne und in zunehmender Zahl zum Studium nach Deutschland gehen. Für vietnamesische Hochschulen liegen die Chancen unter anderen in Gastdozenturen sowie im Aufbau internationaler Studiengänge. Zudem stärken die vietnamesischen Hochschulen immer mehr ihr Forschungsprofil, was ebenfalls für beide Seiten Chancen zur Zusammenarbeit birgt. Insgesamt bieten Kooperationen gute Möglichkeiten für eine Win-Win-Situation.

Vor welchen Herausforderungen steht die Zusammenarbeit der deutschen und vietnamesischen Hochschulen?
Das Potenzial für Kooperationen mit Vietnam haben viele deutsche Hochschulen noch nicht erkannt. Zudem führen interkulturelle Unterschiede und unterschiedliche Herangehensweisen in den beiden Wissenschaftssystemen immer wieder zu Missverständnissen. Dazu zählen insbesondere eine teilweise unzureichende Finanzierung vietnamesischer Hochschulen und weiterhin eine zentrale Steuerung durch das Bildungsministerium, auch wenn diese langsam abnimmt. Schließlich haben vietnamesische Hochschulen vor allem in der Forschung noch einen großen Nachholbedarf.

Die Fragen stellte Benjamin Haerdle (2. November 2021)

Weitere Informationen zum Policy Talk

Indo-Pazifik-Leitlinien der Bundesregierung:
 Neue Chancen für Wissenschaftskooperationen
 am Donnerstag, 4. November 2021, 14:00 – 15:30 Uhr (MEZ)



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Falls Sie zu der Veranstaltung oder zur Registrierung Rückfragen haben, wenden Sie sich gern an Frau Dr. Fangfang Xu vom DAAD-Kompentenzzentrum Internationale Wissenschaftskooperationen (KIWi) unter xu@daad.de.