Ein Global Player in der Meeresforschung

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Nachwuchsförderung, um Meeresforschung auf höchstem internationalen Niveau zu sichern, ist ein primäres Ziel des CEMarin. 

Das Center of Excellence in Marine Sciences (CEMarin) wurde 2010 von fünf kolumbianischen Hochschulen und der Justus-Liebig-Universität Gießen gegründet. Die ihm angeschlossenen und mit ihm vernetzten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen Probleme der nachhaltigen Nutzung mariner Ökosysteme in Lateinamerika – und helfen bei deren Lösung. Das CEMarin in Bogotá in Kolumbien wird als eines von fünf weltweiten Exzellenzzentren aus Mitteln des Auswärtigen Amts vom DAAD gefördert. 

Die Armut zu beenden sowie den Planeten und die Lebensgrundlagen jedes einzelnen Menschen zu schützen: Das ist ein Grundanliegen der im Jahr 2015 durch die UN-Mitgliedsstaaten verkündeten 17 „Sustainable Development Goals“ (SDGs). Was hat das mit dem CEMarin zu tun? Eine Menge. Weil der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, der Erhalt der marinen Biodiversität und die Bekämpfung von Armut langfristig unauflösbar miteinander verschränkt sind, wurde von den UN im gleichen Rahmen die „Decade of Ocean Science for Sustainable Development (2021–2030)“ verkündet. Dafür sollen wissenschaftliche Forschung und der daraus resultierende Erkenntnisgewinn weltweit mit dem Ziel verknüpft werden, den ökologischen Niedergang der Ozeane unter anderem durch nachhaltige Bewirtschaftungsmethoden umzukehren.

Das Center of Excellence in Marine Sciences (CEMarin) in Bogotá spielt in diesem Zusammenhang seit über zehn Jahren eine international weithin sichtbare Rolle und stellt seine Forschungsergebnisse etwa dem Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) zur Verfügung. Getragen wird es im Wesentlichen von fünf kolumbianischen Universitäten und der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU). Eine Reihe starker Partner, wie die kolumbianische Ozeankommission oder das Leibniz-Zentrum für marine Tropenökologie in Bremen, ergänzen das internationale Netzwerk.

Ein Global Player in der Meeresforschung

Thomas Wilke

Feldarbeit im Tayrona-Nationalpark an der karibischen Küste Kolumbiens.

Seit 60 Jahren in Kolumbien vernetzt 
Eine Erweiterung und Vertiefung dieser Verbindungen ist für das Wirken des CEMarin von hoher Bedeutung. Ein primäres Ziel ist daher eine messbare und exzellente Nachwuchsförderung, um Meeresforschung auf höchstem internationalen Niveau global zu sichern, sie auszubauen und über die Doktorandinnen und Doktoranden sowie Alumni mit anderen wissenschaftlichen Organisationen in den Austausch zu gelangen. 

Tragfähige Verbindungen nach Kolumbien pflegt die Universität Gießen seit rund 60 Jahren, viele kolumbianische und deutsche Meeresforscherinnen und -forscher kennen sich seitdem persönlich. Prof. Dr. Thomas Wilke vom Institut für Tierökologie und Spezielle Zoologie der JLU ist beim CEMarin von Anfang an dabei – und ständig im Austausch mit internationalen Partnerinnen und Partnern.

„Viele Probleme, mit denen sich das CEMarin beschäftigt, haben einen direkten Bezug zu den Sustainable Development Goals der UN und können nicht von einzelnen Personen, Organisationen oder Staaten gelöst werden“, betont Wilke. „Daher bedarf es einer globalen und interdisziplinären Ausrichtung und gemeinsamer Anstrengungen“, so der Biologe. Dies wiederum erfordere eine starke internationale Vernetzung. Momentan wird sogar die Öffnung für weitere nationale und internationale Partner vorbereitet, basierend auf Qualitätskriterien und einem Evaluierungsprozess.

Das Netzwerken ist dem CEMarin gewissermaßen in die DNA eingeschrieben, und das trägt Früchte: Dank der Kooperation von Expertinnen und Experten aus Deutschland und Kolumbien entwickelt das CEMarin nicht nur innovative Forschungsansätze, sondern generiert auch Wissen und Erkenntnisse, die zur Problemlösung und Entscheidungsfindung benötigt werden. 

Ein Global Player in der Meeresforschung

CEMarin

Prof. Dr. Thomas Wilke vom Institut für Tierökologie und Spezielle Zoologie der Justus-Liebig-Universität Gießen ist Programmdirektor des Center of Excellence in Marine Sciences (CEMarin).

Fairness als Alleinstellungsmerkmal
Eines der jüngsten Beispiele für das Vertrauen in die Kompetenz des CEMarin ist die zentrale Rolle in dem vom Bund geförderten Projektnetzwerk ColombiaCONNECT, welches sich unter Wilkes Leitung vor allem der Erforschung einer nachhaltigen und fairen Nutzung von Bioressourcen widmen wird. Dazu zählt der Umgang mit Palmöl: Deutschland ist einer der größten Abnehmer von in Kolumbien produziertem Palmöl, rund 25 Prozent der Produktion werden in die Bundesrepublik exportiert. Gleichzeitig werden für Palmöl-Plantagen wertvolle Regenwaldflächen gerodet, was einerseits CO2 freisetzt und andererseits die Biodiversität mindert. ColombiaCONNECT hat es sich zur Aufgabe gemacht, alle Seiten in einem fairen Interessenausgleich zu berücksichtigen. Ein wichtiger Partner hierbei ist das Instituto Colombo-Alemán para la Paz (CAPAZ), das zweite DAAD-Exzellenzzentrum in Kolumbien.

Für Wilke ist es entscheidend, dass Deutschland als Hightech-Standort mit nur wenigen eigenen Bioressourcen durch solche Projekte in weltweite Wissensflüsse und Wertschöpfungsketten integriert ist. „Angesichts der zunehmenden Konkurrenz um den Zugang zu Bioressourcen kann Deutschland über die Betonung des fairen Umgangs gegenüber anderen Ländern ein Alleinstellungsmerkmal entwickeln, aus dem mittel- und langfristig Vorteile erwachsen“, sagte er zur Ankündigung der Förderung durch den Bund.

„Das macht uns noch sichtbarer“: ICMS 2022
Ein anderes Projekt dagegen, welches exemplarisch meeresökologische und sozioökonomische Problemstellungen miteinander verknüpft, findet in der Küstenkommune Guapi in der Provinz Cauca statt. Hier arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter dem Label „Econavipesca del Pacífico“ mit lokalen Fischern zusammen, um Methoden zu erforschen und zu entwickeln, welche die Fischerei nachhaltiger und zugleich auch profitabel halten können. Dabei zeigte sich beispielsweise, dass traditionelle Fischereimethoden in Kombination mit einer nachhaltigen Aquakultur eine weniger schwere Auswirkung auf die Ökosysteme haben und so neue Geschäftsmodelle befördern können.

Ein Global Player in der Meeresforschung

Thomas Wilke

Die Universidad de los Andes in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá ist Partneruniversität des CEMarin.

Oft ist es die Dringlichkeit der Situation, die den Zeitplan vorgibt: Schon in diesem Jahr möchte das CEMarin erneut die „International Conference on Marine Science (ICMS)“ ausrichten. Dabei steht nichts weniger als der Schutz, das Management sowie die nachhaltige Nutzung der tropischen Meeresökosysteme im Mittelpunkt der Veranstaltung. Das Team um Wilke organisierte anlässlich des 10-jährigen Bestehens des CEMarin 2020 die Konferenz schon zum zweiten Mal. Trotz der Pandemiebedingungen war sie ein voller Erfolg: Über sechs Tage kamen mehr als 1.000 Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Entscheiderinnen und Entscheider aus 44 Ländern zusammen. Die Teilnehmenden diskutierten im Onlineformat über neue Themen, Ansätze und Ergebnisse zum Schutz der Meeresökosysteme und Küstengebiete. 

„Der große Erfolg hat sehr dazu beigetragen, die Sichtbarkeit des CEMarin weiter zu erhöhen“, freut sich Wilke. „Basierend auf den Erfahrungen, die wir mit dieser digitalen Konferenz gewonnen haben, sind wir jetzt dabei, die ICMS 2022 als Hybridveranstaltung vorzubereiten.“ Dass es dabei – der Situation angemessen – ganz konkret und zielgerichtet zugehen wird, kann man vom CEMarin zweifelsfrei erwarten. Schon auf der Projektleitertagung der DAAD-Programmgruppe „Transnationale Bildung“ Anfang Dezember 2021 präsentierte Wilke einige herausfordernde Thesen zum Thema Nachhaltigkeit. „No internationalization without sustainability“ und „No research without sustainability“ waren nur zwei davon. Vielleicht gelingt es 2022, noch mehr wissenschaftliche und gesellschaftliche Partner davon zu überzeugen.

Torben Dietrich (15. Februar 2022)

Weitere Informationen

Fünf Exzellenzzentren weltweit 

Das DAAD-Programm „Exzellenzzentren in Forschung und Lehre” wurde 2009 vom Auswärtigen Amt (AA) initiiert und seitdem finanziell gefördert. Das Ziel der an renommierten Universitäten angesiedelten Exzellenzzentren in Chile, Kolumbien (zwei Zentren), Russland und Thailand ist es, die besonderen Stärken der deutschen Wissenschaft herauszustellen und die internationale Vernetzung im Bereich der exzellenten Nachwuchsausbildung voranzutreiben.