Mit VORsprung zum MINT-Studium nach Deutschland
DAAD/Territory
Mathematik, Informatik, Chemie und Physik: VORsprung bereitet fachlich auf diese vier MINT-Fächer vor.
Die Projektpartner von VORsprung entwickeln gemeinsam ein digitales Programm, mit dem sich internationale Schulabsolventinnen und -absolventen bereits in ihrem Heimatland acht Monate lang fachlich und sprachlich auf ein MINT-Studium in Deutschland vorbereiten können. Das vom DAAD aus Mitteln des Auswärtigen Amts geförderte Projekt soll 2023 zunächst mit 50 Teilnehmenden in drei Pilotländern starten.
Wer ohne Hochschulzugangsberechtigung aus dem Ausland kommt, um in Deutschland zu studieren, besucht hierzulande in der Regel zunächst ein Studienkolleg. Nach einer Vorbereitung vor Ort, die je nach Standort ein oder zwei Semester umfasst, können die Studieninteressierten die Feststellungsprüfung (FSP) zur Studiumseignung ablegen und sich dann erst für ein Studium bewerben. Die Plätze an den Studienkollegs sind begrenzt, die Zeit ist lang und kostet viel Geld. Das ist besonders hart für diejenigen, die es am Ende nicht schaffen. Bei dieser Ausgangslage setzt das Projekt „VORsprung: Mit digitaler Vorbereitung zum Studium“ an: Es basiert auf einer achtmonatigen digitalen Studienvorbereitung, nach deren erfolgreichem Abschluss im Heimatland sich die Absolventinnen und Absolventen auf ein naturwissenschaftliches oder technisches Studium an einer deutschen Hochschule bewerben können. Am Ende der Vorbereitung stehen ein absolvierter TestDaF sowie TestAS als Studierfähigkeitstest für ausländische Studierende und die FSP. Durch das Programm werden die Teilnehmenden bereits im Heimatland optimal auf ein MINT-Studium an einer deutschen Hochschule vorbereitet. Die konsequente Digitalisierung des Angebots und damit dessen Verfügbarkeit leisten einen Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit. Das Vorbereitungsprogramm richtet sich an internationale Schulabsolventinnen und -absolventen mit Deutschkenntnissen auf B2-Niveau ohne direkte Hochschulzugangsberechtigung für Deutschland. Das Projekt, in dem verschiedene Partnerhochschulen (siehe Kasten) zusammenarbeiten, wird vom DAAD aus Mitteln des Auswärtigen Amts gefördert sowie vom DAAD und dem Goethe-Institut gemeinsam koordiniert.
Der Weg zum erfolgreichen Studium
Laut einer DAAD-Untersuchung lag die Studienabbruchquote bei Bildungsausländerinnen und -ausländern an Deutschlands Hochschulen im Bachelorstudium zuletzt bei 49 Prozent und damit deutlich über der Abbruchquote deutscher Studierender (26 Prozent). Prof. Dr. Jörg Desel, Dekan der Fakultät für Mathematik und Informatik an der FernUniversität in Hagen, hat schon oft erlebt, dass dieses Scheitern für Einzelne eine große Katastrophe bedeuten kann. Deshalb hat er bei der Arbeit am Projekt VORsprung das Ziel klar vor Augen: „Wir müssen das Programm so gestalten, dass es die jungen Menschen tatsächlich befähigt, hierzulande zu studieren. Wir brauchen Absolventinnen und Absolventen, die nicht nur die Prüfung bestehen, sondern gute Chancen haben, ein MINT-Studium in Deutschland zu bewältigen.“ Die FernUniversität bringt ihre jahrzehntelange Expertise in der Fernlehre ins Projekt ein. Um herauszufinden, welche Parameter für einen Studienerfolg wesentlich sind, läuft in Hagen eine wissenschaftliche Begleitforschung. Darüber hinaus setzt die FernUniversität die technische Bereitstellung des Programms auf der Lehr-/Lernplattform Moodle federführend um.
Der DAAD setzt sich dafür ein, internationalen Studierenden den Weg nach Deutschland auch mit digitalen Mitteln zu ebnen.
Mediendidaktische Umsetzung
Die meisten Studieninteressierten aus Ländern, die nicht der EU angehören, streben in Deuschland ein Studium in den sogenannten MINT-Fächern an. Darauf konzentriert sich der fachliche Teil des Vorbereitungsprogramms VORsprung. Neben dem Sprachkurs des Goethe-Instituts, der die Teilnehmenden auf C1-Niveau bringen soll, umfasst der Technikkurs (T-Kurs) die Fächer Mathematik, Informatik, Chemie und Physik und liefert das inhaltliche Wissen, um die FSP oder andere Zugangsprüfungen zu bestehen. Bei der Entwicklung des T-Kurses arbeitet die Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Projektpartner eng mit den Fachautorinnen und -autoren für die einzelnen Fächer zusammen. Dr. Magdalena Roguska-Heims vom Internationalen Studien- und Sprachenkolleg (ISSK) der Universität Mainz entwickelt mit ihrem Didaktikteam das Lernkonzept für den T-Kurs und sorgt dafür, dass aus den fachlichen Inhalten ein einheitliches Gesamtprogramm entsteht. „Dabei geht es beispielsweise um Fragen, wie das Wissen präsentiert wird, mit welcher Taktung das geschieht, wie die Studierenden ihren Lernfortschritt überprüfen können, welche Feedback-Formen berücksichtigt werden oder was zum Weitermachen motiviert“, erklärt die Didaktik-Expertin. Das ISSK in Mainz hat bereits viel Erfahrung mit der Zielgruppe und bietet beispielsweise auch Vorbereitungskurse für internationale Studieninteressierte an, die sich für das Studienkolleg bewerben. Dennoch betont sie: „Bei VORsprung haben wir es mit einer sehr jungen und heterogenen Zielgruppe mit unterschiedlichen Sprachen, Bildungserfahrungen und Wissensniveaus zu tun, das ist eine Besonderheit.“
Nina Oehler vom Zentrum für Audiovisuelle Produktion (ZAP) der Universität Mainz ist mit ihrem Team für die mediale Aufbereitung der Inhalte zuständig. So wird beispielsweise zu einer fachlichen Themeneinführung vom Didaktik- und Medienteam eine realitätsnahe Problemstellung entwickelt und in einem Video aufbereitet. „Unsere Basis sind immer die Ziele, die man beim Lernen erreichen möchte. Die Lernhaltung sowie die eingesetzten Methoden und Medien greifen dabei ineinander, um den Lernenden den bestmöglichen Weg zum Lernziel zu ebnen“, fasst Oehler die Aufgabe zusammen.
Mehr als Sprach- und Fachwissen
Studieninteressierte, die in Deutschland ein MINT-Studium aufnehmen möchten, benötigen aber nicht nur sprachliches und fachliches Wissen. Auch Kenntnisse der deutschen Lehr-, Lern- und Campuskultur tragen zu einem erfolgreichen Studienabschluss bei und werden deshalb ebenfalls im Rahmen von VORsprung vermittelt. Ihre Erfahrungen, vor allem mit dem Programm Integra für Geflüchtete oder dem studienvorbereitenden Bildungsprogramm Studienbrücke, bringt an dieser Stelle auch die Ruhr-Universität Bochum mit ins Projekt ein. „Neben der sprachlichen Vorbereitung legen wir einen Schwerpunkt auf die systemische oder akademische Integration. Damit gemeint sind Kenntnisse, wie man sich in Deutschland sicher im akademischen Umfeld bewegt“, erklärt Ulrike Herrlich, Teamleiterin RUBiss International Student Services im International Office der Ruhr-Universität Bochum. Dazu gehören Themen, die Einheimischen trivial erscheinen, aber für Studierende aus einem anderen Land durchaus eine Herausforderung darstellen können, beispielsweise das Schreiben auf einer deutschen Tastatur oder häufig genutzte Computerprogramme wie Microsoft Office. Auch das Arbeiten in der Gruppe, Präsentationstechiken oder effektive Lerntechniken werden behandelt. „Für uns ist eine gute Vorbereitung auf das Studium ein Zukunftsthema. Wir sind uns sicher, dass Menschen durch eine solide Vorbereitung später im Studium alle Chancen haben, es so zum Abschluss zu bringen, wie sie das möchten“, sagt Herrlich.
Individuelle Betreuung und Blended Learning
Mit den digitalen Kursinhalten werden die VORsprung-Teilnehmenden jedoch nicht alleine gelassen. Speziell ausgebildete Tutorinnen und Tutoren begleiten den Lernprozess eng und können ganz individuell auf die Bedürfnisse Einzelner eingehen. Auch wenn die Teilnehmenden selbst entscheiden können, welche Module sie wann absolvieren wollen, wird durch die Betreuung gewährleistet, dass sie ihr Ziel wirklich erreichen. Dazu dienen auch ergänzende virtuelle und analoge Präsenzanteile (Blended Learning), bei denen die Chance besteht, andere Teilnehmende kennenzulernen, sich mit ihnen zu vernetzen und auszutauschen.
Start 2023 in drei Pilotländern
VORsprung startet zunächst im Herbst 2023 eine Pilotphase mit 50 Teilnehmenden in Ägypten, Indien und Mexiko. Kriterien für die drei Pilotländer waren unter anderem ein enger Bezug zu Deutschland, Sprachunterricht auf hohem Niveau (B2) im Heimatland sowie ein großes Interesse an MINT-Studienfächern. Nach der Pilotierung soll VORsprung auch anderen Ländern zugänglich gemacht werden. Perspektivisch wird das Programm im Verbundprojekt „Digital Campus“ internationalen Studieninteressierten zur Verfügung stehen. Dadurch wird der Kreis der Hochschulen, die von gut vorbereiteten Studierfähigen profitieren können, noch erweitert.
Britta Hecker (26. April 2022)
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Projektpartner VORsprung