Risiken im Austausch mit Partnern erkennen und minimieren
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Sich verschärfende Krisen und Konflikte sowie daraus resultierende Unsicherheiten stellen internationale Hochschulaktivitäten vor große Herausforderungen. Problematisch sind vor allem Forschungsprojekte, deren Ergebnisse sowohl für militärische als auch für zivile Zwecke genutzt werden können („Dual Use“). Wie sollen Hochschulen, Institute und Projektverantwortliche hier angemessen agieren und sich verhalten? Mit dem Kompetenzzentrum Internationale Wissenschaftskooperationen (KIWi) leistet der DAAD in Form von Veranstaltungen und Einzelberatungen gezielte Hilfestellung für Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen.
Die Dual-Use-Thematik ist seit vielen Jahren bekannt, erhält aber durch den russischen Angriffskrieg und den akademischen Austausch mit Hochschulen in autoritären Staaten wie dem Iran oder China neue Brisanz. Prof. Dr. Darius Schindler, Hochschullehrer, Leiter des C|iT|EX – Center for international trade and export control und Justiziar an der DHBW Karlsruhe, bringt das Problem auf den Punkt: „Forschung kann Wissen, Produkte oder Technologien hervorbringen, die unmittelbar von Dritten missbraucht werden können. Genau dieses Wissen wird an Hochschul- und Forschungsreinrichtungen erforscht, entwickelt und gelehrt. Daher müssen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berücksichtigen, dass diese Forschungsergebnisse sowohl zivil als auch militärisch und damit sicherheitskritisch genutzt werden können.“
Prof. Dr. Darius Schindler ist Leiter des C|iT|EX – Center for international trade and export control und Justiziar an der DHBW Karlsruhe.
Chancen und Risiken abwägen
Damit internationale Wissenschaftskooperationen unter diesen Bedingungen gelingen können, sind auf institutioneller Ebene Risikobewertungen vorzunehmen. Dies schließt verschiedene Hochschulakteure mit ein, die über entsprechendes Wissen und Kompetenzen verfügen sollten. Wie kann eine Risikobewertung konkret ablaufen? Ein Beispiel: Proliferation. Im Rahmen eines Forschungsprojektes müssen die Projektbeteiligten auf deutscher Seite genau abwägen, ob und welche Risiken bei der Weitergabe von Gütern und Erkenntnissen bestehen (sogenannte Proliferationsrisiken). Im Fokus steht dabei das Für und Wider der genehmigungspflichtigen Ausfuhr von Laborgeräten, Werkstoffen, Software oder Verfahrenstechniken. Auch sind anhand der Sanktionslisten des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) länder- oder institutionenbezogene Embargovorschriften zu prüfen. Schwierig wird es vor allem dann, wenn es sich um intangiblen Wissenstransfer handelt. Hier kann schon ein Konferenzvortrag, eine mündliche Einweisung in die Nutzung technologischer Geräte oder die Mitnahme von Forschungsergebnissen auf einem USB-Stick risikobehaftet sein.
Angebot des KIWi
Im Zusammenhang mit Forschungsprojekten entstehen also zahlreiche Fragen, zu denen der DAAD mit dem Kompetenzzentrum Internationale Wissenschaftskooperationen (KIWi) Handlungsoptionen bündelt und Orientierung gibt. Konkret hilft KIWi Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen dabei, zu entscheiden, wie mit wissenschaftlichen Projekten, Forschungen oder Dienstleistungen umgegangen werden kann. Hierfür werden Einzelberatungen und Veranstaltungen durchgeführt; mit dem KIWi Kompass „Keine roten Linien“ steht auch ein schriftlicher Leitfaden zur Verfügung, der die Internationalisierungsakteure generell bei der Bewertung von Chancen und Risiken in der Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern unterstützt.
DAAD-Generalsekretär Dr. Kai Sicks.
Mit seinem breit gefächerten Angebot möchte das KIWi aber vor allem auch ein Forum für den Erfahrungsaustausch bieten und dabei Ansätze vermitteln, wie mit den Anforderungen der EU-Dual-Use-Verordnung praktisch umgegangen werden kann. Auch Dr. Kai Sicks, DAAD-Generalsekretär, betont wie wichtig es ist, Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen zu diesen Fragen in den Dialog zu bringen und voneinander zu lernen: „Damit internationaler Austausch interessenorientiert, regelbasiert und für die beteiligten Partner fruchtbar und gewinnbringend ausgestaltet werden kann, ist es wichtig, sowohl die Chancen und Potenziale der Wissenschafts- und Forschungskooperation zu erkennen als auch für die betreffenden Risiken sensibilisiert zu sein. Weil die Ergebnisse vieler Forschungsprojekte sowohl für militärische wie zivile Anwendungen genutzt werden können, sollten die rechtlichen Regelungen und Zusammenhänge bekannt sein, damit Forschungs- und Sicherheitsinteressen genau abgewogen und diese gegenüber den beteiligten Akteuren offen und transparent artikuliert werden können.“
Policy Talk und KIWi Connect zu Dual-Use
In Anbetracht eines insgesamt gestiegenen Beratungsbedürfnisses im Bereich des Exportkontrollrechts hat KIWi im September eine Veranstaltungsreihe zu Dual Use in den internationalen Wissenschaftskooperationen durchgeführt, die aus einem Policy Talk und drei praxisorientierten Workshops im Format KIWi Connect bestand. Dabei ist deutlich geworden, dass die neue EU-Dual-Use-Verordnung hohe Anforderungen an die Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen stellt. Anforderungen, die nur dann effektiv erfüllt werden können, wenn entsprechende Strukturen und Kenntnisse für ein professionelles Risiko- und Sicherheitsmanagement vorhanden sind. Dass viele Entscheidungen im Zusammenhang mit Dual-Use in Graubereichen getroffen werden müssen, liegt in der Natur der Sache. Umso wichtiger ist es für die verschiedenen Akteure in Wissenschaft und Forschung, für bestehende Risiken sensibilisiert zu sein und mit dem Aufbau sogenannter interner Kontrollsysteme (Internal Compliance Programmes) dafür zu sorgen, das sicherheitsrelevante Bewertungen auf informierter Grundlage und in einem geregelten Prozess getroffen werden. Hierzu stehen neben Austausch und Dialog auch eine Reihe praktischer Hilfsmittel zur Verfügung, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei hochschulinternen Ausfuhr- und Screening-Prozessen nutzen können.
Martin Steffan (2. November 2022)
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