Cairo in Ruanda

UNHCR/Antoine Tardy

Cairo, 30 Jahre alt, ist erfolgreicher DAFI Alumnus (2008-2012). Heute arbeitet er als Ausbilder für Englischlehrer in der Organisation "Inspire Educate and Empower (IEE) Rwanda". Um mit den neuesten Entwicklungen in seinem Arbeitsbereich Schritt halten zu können, ist er außerdem für ein Postgraduierten-Studium in Erziehungswissenschaft eingeschrieben.

Im Jahr 2012 schloss Cairo sein Studium an der University of Rwanda (damals National University of Rwanda) mit einem Bachelor in Englischen Literatur- und Sprachwissenschaften ab. Anschließend arbeitete er für ein Jahr als Englischlehrer, bis er vom Bildungsausschuss Ruanda (2013-2015) engagiert wurde, um den Übergang vom frankophonen zum anglophonen Schulsystem im Land zu fördern.

"Ich liebe meine Arbeit so sehr. Ich habe das Gefühl, dass wir wirklich etwas bewirken können. Bildung macht den Menschen stark. Jemand schrieb einmal, „Bildung ist das Rückgrat der Nation“. Ich glaube fest daran. Ich glaube, dass die Förderung von Lehrern definitiv Früchte tragen wird."

Cairo wuchs, etwa 60 Kilometer von Kigali entfernt, im Gihembe Camp in Ruandas nördlicher Provinz auf. Als 1995 der Krieg ausbrach, flohen er und seine Familie aus Nord-Kivu in der Demokratischen Republik Kongo. Cairo war damals sieben Jahre alt. Die Familie wurde anfangs im Mudende Camp im westlichen Ruanda untergebracht. 1997 überquerten jedoch im August und erneut im Dezember bewaffnete Gruppen die Grenze zwischen dem Kongo und Ruanda. Sie griffen das Camp an – und ermordeten hunderte Geflüchtete. Die Überlebenden des Mudende Massakers wurden daraufhin im neu eingerichteten Gihembe Camp untergebracht.

“Das Leben war hart. Wir hatten zwar Schulen im Camp, aber das Lernen war nicht einfach. Dennoch konnte ich die Grundschule erfolgreich beenden und einen Teil meiner weiterführenden Schulbildung im Camp absolvieren. 2004 erhielt ich ein Stipendium, um Englisch, Französisch, Kinyarwanda und Kiswahili, sowie Geschichte und Geographie zu studieren. Es war großartig! Ich konnte fühlen, dass das Lernen mich auf die eine oder andere Weise retten würde.“

“Nachdem wir die weiterführende Schule beendet hatten, überkam uns das Gefühl, es niemals auf eine Universität zu schaffen. Es war einfach zu teuer. Für jemanden, der im Camp lebt, erscheint es fast unmöglich, auf eine Universität zu gehen. Zu dieser Zeit wurde ich als Lehrer in der, zuvor von mir besuchten, weiterführenden Schule angestellt. Ich unterrichtete fast acht Monate lang Englisch und Französisch.
Eines Abends – ich werde diesen Tag niemals vergessen, es war ein Donnerstag – kam ich von der Arbeit nach Hause und jemand sagte mir, dass es eine Ausschreibung der Deutschen Akademischen Flüchtlingsinitiative Albert Einstein (DAFI) im Camp gäbe. Die Bewerbungsfrist für dieses Programm lief jedoch schon am nächsten Tag aus! Also suchte ich alle meine Bewerbungsunterlagen zusammen und nahm etwas Geld für die Fahrt mit. Dann fuhr ich zum UNHCR Büro, wo ich meine Bewerbung noch rechtzeitig einreichen konnte. Daraufhin begab ich mich zurück zum Camp und wartete eine Woche lang, bis ich einen Anruf von der National University of Rwanda bekam – Ich war angenommen!”

“Ich hatte immer den Traum, zu studieren, aber es nie ernsthaft in Erwägung gezogen, weil unsere finanziellen Mittel als Flüchtlinge sehr begrenzt sind. Die anderen DAFI Stipendiaten und ich versammelten uns, um gemeinsam das Camp zu verlassen und zur südlichen Provinz zu reisen, in der sich der Campus befand. Dort trafen wir viele andere Studierende.“

„Damals war es üblich, zu Beginn einen mündlichen und schriftlichen Englischtest zu absolvieren. Dies sollte sicherstellen, dass das Englischniveau gut genug war, damit die Studierenden an ihren Fakultäten anfangen konnten. Ich nahm erfolgreich am Test teil und erzielte mit 87% ein gutes Ergebnis. Somit konnte ich umgehend mein Studium beginnen."

"Ich habe mich an der Universität sehr wohl gefühlt. Ich wurde bestens unterstützt und fühlte mich insgesamt sehr selbstbewusst. Die Studiengebühren wurden bezahlt, und wir erhielten auch eine finanzielle Unterstützung. Ich konnte meine Unterkunft, mein Essen und die Lernmaterialien bezahlen. Meine Grundbedürfnisse waren abgedeckt und ich war nicht mehr mit den gleichen Schwierigkeiten wie zuvor konfrontiert. Natürlich musste ich mich an das universitäre Umfeld gewöhnen und mir viel Wissen aneignen. Manchmal stand ich mitten in der Nacht auf, um zu lernen! Ich bemühte mich sehr und gab mein Bestes, um sicherzugehen, dass das Stipendium nicht vergeudet wurde.“

"Dr. Eric Dwayer, ein Dozent aus den Vereinigten Staaten, der mich sehr inspirierte, half uns 2010 ein Praktikum an der amerikanischen Botschaft in Kigali zu bekommen. Dort lernte ich die Organisation IEE kennen und deren Idee, Ausbilder für Englisch einzustellen, um die Lehrer bei der Umstellung auf den neuen anglophonen Lehrplan zu unterstützen. Vier Wochen später wurden wir für drei Monate an verschiedene Schulen gesandt. Mein Studium schloss ich schließlich 2012 erfolgreich ab und wurde umgehend als Englischlehrer eingestellt.“ 

"DAFI hat mein Leben sehr verändert. Durch das Stipendium habe ich essenzielles Wissen und viele Schlüsselkompetenzen erlangt. Ich wurde bestärkt, und hatte die Chance, andere zu bestärken. Ich wurde verwandelt. Ich erhielt all die Werkzeuge, die ich benötigte, um meinen Beitrag zu leisten. Ich muss stark sein in dieser Welt, und ich werde nicht damit aufhören, große Ziele und Träume zu haben!"

Hintergrundinformation:
Das DAFI-Programm wurde 1992 in Ruanda initiiert. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Flüchtlinge sind in Ruanda durchaus vielversprechend. Das dortige Flüchtlingsgesetz gewährt ein Recht auf Arbeit und Freizügigkeit sowie den Zugriff auf alle relevanten Dokumente. Des Weiteren können Flüchtlinge Eigentum erwerben und Verträge, u. a. Pachtverträge, abschließen. Trotz des günstigen rechtlichen Umfelds bestehen weiterhin strukturelle Hindernisse, abgesehen von den spezifischen Herausforderungen für Flüchtlinge im Allgemeinen. Hierzu zählen unzureichende Finanzierungsmöglichkeiten für unternehmerische Ambitionen von Flüchtlingen, aber auch der eingeschränkte Zugang zu einer beruflichen Ausbildung oder zu sekundärer sowie tertiärer Bildung.



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