Brexit: Ein Schlag gegen die Bündelung der intellektuellen Kapazitäten Europas

Ende der Woche tritt das Vereinigte Königreich aus der EU aus. „Für den Erhalt des internationalen Austausches mit Großbritannien in Forschung, Lehre und Studium brauchen wir schnell klare Regeln und Perspektiven“, forderte Prof. Dr. Joybrato Mukherjee, Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) in Bonn. Der Brexit stelle eine Bedrohung für die Leistungsfähigkeit der europäischen Wissenschaftssysteme dar.

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„Die Europäische Union wird als herausragender Forschungsstandort nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn sie die Kräfte bündelt, die in Europa auf eine Reihe von Ländern verteilt sind. Der Brexit ist daher auch ein Schlag gegen die Zusammenführung der intellektuellen Kapazitäten Europas“, so der DAAD-Präsident. Zwar verändere sich bis Ende 2020 zunächst kaum etwas, für Studierende oder Forschende bleibe bei Themen wie DAAD-Stipendium oder Erasmus-Förderung zunächst alles wie bisher.

Die Atempause bis Ende des Jahres müsse aber dringend genutzt werden: „Wir brauchen für die Zeit ab 2021 schnell verbindliche Regelungen bei den Themen Studiengebühren, Visa und Aufenthaltsrechte sowie mit Blick auf die zukünftige Beteiligung des Vereinigten Königreichs an Erasmus+ und anderen EU-Programmen“, so Mukherjee. Nur so könne man die enge wissenschaftliche Zusammenarbeit und die guten Zahlen im akademischen Austausch mit Großbritannien erhalten. Er erwarte daher von der Bundesregierung, der Europäischen Kommission und der britischen Regierung die rasche Erarbeitung der benötigten Regelungen und Verträge.

Großbritannien ist eines der wichtigsten Länder im EU-Austausch angehender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: laut Statistischem Bundesamt studierten bei der letzten Erhebung rund 16.000 Deutsche in Großbritannien. Das Land liegt damit auf Platz drei der Liste der attraktivsten Gastländer, nach Österreich und den Niederlanden und ist damit innerhalb Europas ein Ankerland der akademischen Zusammenarbeit. Auch für die britische Wissenschaft ist die enge Anbindung an Europa von größtem Interesse, wie beispielweise der Präsident der Royal Society, Venkatraman Ramakrishnan, stets betont.

Länderübersicht DAAD Großbritannien

Im Jahr 2018 förderte der DAAD 8.015 Auslandsaufenthalte von Bachelor- und Masterstudierenden, Promovierenden oder Professorinnen und Professoren. Unter den geförderten Studierenden und Hochschulbeschäftigen waren rund 750 Briten und knapp 7.300 Deutsche. Im Ranking der DAAD-Förderung nach EU-Ländern belegt das Land nach Spanien (8.673) den zweiten Rang. Rund 75 Prozent der Geförderten erhielten eine EU-Mobilitätsförderung über das Programm Erasmus+, DAAD-Projektförderung und Individualförderung zeichnen für die restlichen 25 Prozent verantwortlich. Zur engen Zusammenarbeit mit den Partnern in Großbritannien unterhält der DAAD in der Hauptstadt London zudem eine Außenstelle. Darüber hinaus arbeiten derzeit 36 vom DAAD vermittelte Lektorinnen und Lektoren an britischen Hochschulen.

Für Interviewanfragen steht Ruth Krahe, Leiterin der DAAD-Außenstelle in London, zur Verfügung.