"Das Bildungsniveau ist exzellent"

DAAD

Wissen genau, wo und was sie studieren wollen: aktuelle iranische DAAD-Stipendiaten

In der Berichterstattung deutscher Medien über den Iran stehen oft politische Konflikte im Vordergrund. Wie wissenshungrig und offen Studierende und Akademiker der Islamischen Republik sein können, erlebt Dennis Schroeder tagtäglich in seiner Arbeit als DAAD-Lektor.

Nein, seine Familie sei nicht begeistert gewesen, als sie erfuhr, dass er sich als DAAD-Lektor im Iran beworben hatte, erzählt Dennis Schroeder. „Doch der Iran war meine erste Wahl. Das Land fasziniert mich und auch die Herausforderungen, die sich hier für eine Aufbauarbeit stellen.“ Seit Oktober 2013 ist der 32-Jährige Leiter des vor Kurzem offiziell neu eröffneten DAAD-Informationszentrums in Teheran. Neben der damit verbundenen Programmarbeit unterrichtet Schroeder an der Shahid-Beheshti-Universität Landeskunde, Rhetorik und Grammatik sowie Deutsch als Fremdsprache. Schroeder hat Geschichte und Germanistik auf Lehramt an der Universität Bielefeld studiert und mit dem Master abgeschlossen. Als DAAD-Lektor war er bereits in Sri Lanka.

Zwischen Konservatismus und langsam wachsender Freiheit

Der Iran beeindruckt Schroeder: „Fast jeder Tag bringt positive, manchmal bizarre Überraschungen mit sich. Kürzlich wollte ein Mullah der Islamisch-Theologischen Hochschule in Qom für geschätzte 20 Minuten über nichts anderes mit mir reden, als über Fußball“, erzählt er. Das Bild, das die deutschen Medien vom Iran zeigen, bilde nur die halbe Wahrheit ab: „Der 11. Februar wird zum Beispiel als Tag der Revolution gefeiert. Die meisten Iraner machen dann mit ihrer Familie ein Picknick im Freien.“ Auch Dennis Schroeder hat die Bilder von einigen Radikalen vor Augen, die an diesem Tag amerikanische und israelische Fahnen verbrennen und damit die Berichterstattung dominieren; verharmlosen will er nichts. Ihm geht es um ein vielschichtiges Bild des Iran, das der komplexen Realität gerecht wird. Dass das Land sich allmählich öffne, zeige sich außenpolitisch an den Gedankenspielen einer Zusammenarbeit mit den USA gegen die Terror-Organisation Islamischer Staat. Auch innenpolitisch keimten zarte Pflänzchen der privaten Freiheit. Denn nicht alles, was offiziell verboten sei, werde strafrechtlich verfolgt und geahndet. „Das war bei dem Besitz von Satelliten-Schüsseln für den Empfang ausländischer Sender so, und das verhält sich jetzt mit dem Internet und den Sozialen Medien ähnlich“, erklärt Schroeder.

Die Herzlichkeit, die die Iraner ihm und seiner Frau von Anfang an entgegenbrachten, hätte die Integration erleichtert. „Wir haben uns hier gleich sehr wohl gefühlt“, sagt Schroeder. „Die Iraner haben ein sehr positives Deutschlandbild.“ Er führt das auch auf den guten Ruf der deutschen Wirtschaft und ihrer Produkte sowie die Politik zurück. „Die traditionelle Zurückhaltung der deutschen Außenpolitik, die bei uns gerade infrage gestellt wird, sieht man im Iran sehr positiv“, erklärt Schroeder. Darüber hinaus funktioniere der akademische Dialog: „Das Bildungsniveau im Iran ist exzellent“, sagt der DAAD-Lektor. Iranische Studierende, die sich für einen Aufenthalt in Deutschland interessierten, seien oft gut vorbereitet und wüssten genau, wo und was sie studieren wollten. „Was akademische Kooperationen angeht, so rennt man im Iran offene Türen ein. Hier kann man wirklich Brücken bauen“, sagt Schroeder. Dass auch auf deutscher Seite das Interesse am wissenschaftlichen Austausch wachse, habe der große Andrang am Regionaltisch Iran auf der diesjährigen DAAD-Netzwerk-Konferenz in Bonn gezeigt. Schroeder ist mehr denn je überzeugt, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.

Claudia Wallendorf (6. Oktober 2014)