Dr. Karamba Diaby – ehemaliger DDR-Stipendiat
Ute Langkafel Maifoto
DAAD-Alumnus Dr. Karamba Diaby berichtet über sein Stipendium in der ehemaligen DDR und was die Wiedervereinigung für ihn bedeutete
Karamba Diaby, 1961 in einer kleinen Gemeinde im Süden Senegals geboren, konnte dank eines Stipendiums der DDR ab 1986 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg studieren. Im Jahr der deutschen Wiedervereinigung erhielt er die Stipendienzusage vom DAAD. So konnte er sein Studium in Halle beenden. Dort lebt der promovierte Geoökologe noch heute und engagiert sich seit 2013 als erster in Afrika geborener Schwarzer Mensch im Deutschen Bundestag.
Herr Dr. Diaby, in einem auf YouTube abrufbaren Film aus dem Jahr 2018 sprechen Sie unter anderem über die Demonstrationen in der DDR im Herbst 1989. Dabei erwähnen Sie, dass die Parole „Wir sind das Volk!“ Sie anfänglich beunruhigt habe. Warum war das so? Und wie haben Sie diese Umbruchzeiten und die Wiedervereinigung vor 30 Jahren insgesamt wahrgenommen?
1985 bin ich in die DDR gekommen, um einen Sprachkurs zu absolvieren und anschließend an der Uni Halle zu studieren. Einige Jahre später wurden die Sprechchöre „Wir sind das Volk!“ immer lauter. Die Studierenden, die so wie ich aus dem Ausland gekommen waren und mit mir am Rande der Demos standen, wussten nicht, ob sie mit „Volk“ auch gemeint waren. Wir waren als ausländische Studierende größtenteils isoliert und abgeschirmt gewesen. Die Mauer fiel, die erste freie Wahl zur DDR-Volkskammer fand statt. Am 3. Oktober 1990 wurde die Vereinigung durch den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland vollzogen. Ein Glück für Deutschland! Es gibt keinen Zweifel daran, dass ich zu dieser Gemeinschaft gehöre wie viele andere Millionen Menschen, die selber oder deren Eltern einst in dieses Land gekommen sind. Der Druck durch Rechtspopulisten ist gestiegen. Sie wollen die Gesellschaft spalten. Doch wir gehören alle dazu und werden uns für den Zusammenhalt einsetzen.
In Ihrer Autobiografie „Mit Karamba in den Bundestag" (2016) beschreiben Sie eindringlich Ihre Eindrücke nach der Ankunft in der DDR. Ist Ihnen Ihr erstmaliger Besuch in der alten Bundesrepublik ebenfalls so nachhaltig in Erinnerung geblieben? Wie und warum ist es dazu gekommen?
Nach dem Fall der Mauer war für mich nicht so klar, ob ich in Deutschland bleiben werde. Ich war damals als Gast in die DDR gekommen. Deshalb erkundigte ich mich über Rückkehrmöglichkeiten, die vonseiten der Bundesrepublik finanziell unterstützt wurden. Auf dem Weg zu meinem Informationsgespräch – das war im Herbst 1990 – musste ich in Clausthal-Zellerfeld, einer kleinen Stadt in Niedersachsen, umsteigen. Mir fiel auf, dass es dort viele Cafés und Restaurants gab. Doch in diesen saßen kaum Menschen. Es war alles fast leer. Das hat mich überrascht und ist mir noch im Gedächtnis geblieben, denn in der DDR gab es nicht so viele Lokale. Und die wenigen, die es gab, waren stets überfüllt, sodass man immer warten musste, bevor man dann auch noch platziert wurde.
Als ich wieder nach Halle zurückkehrte, erhielt ich die Nachricht, dass ich mein Studium mit der Unterstützung durch den DAAD weiterführen konnte. Für mich war zu diesem Zeitpunkt klar, dass ich in Deutschland bleiben werde.
Die deutsche Wiedervereinigung im Oktober 1990 hatte auch unmittelbare Auswirkungen auf Stipendiaten der damaligen DDR. Was bedeutete für Sie in dieser Situation Ihre Übernahme als Stipendiat durch den DAAD?
Das Land, das mir ein Stipendium ermöglicht hatte, verschwand so langsam. Das führte bei mir und vielen anderen Studierenden aus dem Ausland zu einem ganz pragmatischen Problem: „Können wir hier ohne ein Stipendium noch bleiben?“ Zum Glück übernahm der Deutsche Akademische Austauschdienst das Stipendium und ich konnte bleiben. Es ist eine schöne Entwicklung der Geschichte, dass ich heute im Deutschen Bundestag der Berichterstatter für den DAAD bin.
Marcus Klein (14. Januar 2020)
In eigener Sache
Vom 14. auf den 15. Januar wurde auf das Bürgerbüro von Herrn Dr. Diaby in Halle an der Saale ein Anschlag verübt. Der DAAD verurteilt diesen Anschlag auf das Schärfste. Es stimmt uns traurig, dass das Leben von Menschen, die sich für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft einsetzen, in Deutschland bedroht wird. Fremdenfeindliche Übergriffe wie diese zeigen, wie sehr Deutschland den weltoffenen Dialog braucht und wir alle uns dafür einsetzen müssen.