Medienbildung gegen Polarisierung und Populismus

Anna Antonakis/privat

Teilnehmende der Media and Digital Literacy Academy bei der Produktion eines Videos.

Protestbewegungen gegen den Müll von Beirut, die Fortschreibung toxischer Maskulinität oder Hassreden von Politikern sind die Themen von Videoclips, die arabische und deutsche Studierende während der „Media and Digital Literacy Academy“ 2018 und 2019 in Beirut produziert haben. Möglich gemacht hat das eine Kooperation zwischen der Freien Universität Berlin und der Lebanese American University, die der DAAD im Rahmen der Deutsch-Arabischen Transformationspartnerschaft fördert.

„Männer weinen nicht“, „Männer sind nicht schwach“, „Männer haben Muskeln“, diese Sätze stammen nicht aus der Feder des deutschen Musikers Herbert Grönemeyer, sondern es sind O-Töne libanesischer Männer – aufgenommen von internationalen Studierenden im Sommer 2018 für eine Videoproduktion während der „Media and Digital Literacy Academy“ in Beirut. Deren Botschaft: Dass Männer weinen, ist völlig in Ordnung. Die Studierenden entwickelten eine Kampagne, die das Konzept der „toxischen Männlichkeit“ erklärt und dabei helfen soll, festgefahrene und militarisierte Rollenbilder zu hinterfragen. Betreut hat diesen Beitrag die Berliner Politik- und Medienwissenschaftlerin Dr. Anna Antonakis. Sie leitete das Projekt „Media und Digital Literacy“ seit 2018 gemeinsam mit Prof. Carola Richter von der Freien Universität Berlin und Dr. Jad Melki von der Lebanese American University in Beirut. Das Projekt wurde aus Mitteln des Auswärtigen Amtes vom DAAD gefördert. „Unser Ziel ist es, langfristige Strategien zu entwickeln, um gefälschten Nachrichten, Populismus, Radikalisierung, Sexismus und Rassismus in Medienproduktionen entgegenzuwirken“, erzählt Antonakis.

Video: Kampagne gegen „toxische Männlichkeit“

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Das Labor: die „Media and Digital Literacy Academy”
Dabei fungierte die „Media and Digital Literacy Academy“ als Labor für Medien-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler sowie Medienpädagoginnen und -pädagogen aus der gesamten arabischen Welt, die neue pädagogische und methodologische Ansätze und Ideen austauschen oder entwickeln. 2018 und 2019 trafen sich hier Studierende und Dozierende aus arabischen Ländern und Deutschland für jeweils zehn Tage, um ihre Medienkompetenz zu vertiefen. Vormittags fanden Vorträge und Diskussionen statt, nachmittags recherchierten und produzierten die Teilnehmenden selbst.

Das Forschungsobjekt: die sozialen Medien  
Im Juni 2019 nahmen an dem Workshop junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie deutsche und arabische Studierende der Fachbereiche Medien- und Kommunikationswissenschaften, Journalismus, Politik- und Sozialwissenschaften und Philosophie teil. Ihr Ziel: die Herausforderungen der öffentlichen Kommunikation, die sich aus den sozialen Medien ergeben, zu erkennen und mit ihnen umzugehen. Ausgangspunkt war die Einführungsvorlesung des US-amerikanischen Medienwissenschaftlers Dr. Paul Mihailidis vom Emerson College in Boston. Sein Ansatz: Soziale Medien können dabei helfen, eine Gesellschaft zu verändern und sie zu verbessern, wenn dort packende und emotionale Geschichten erzählt werden. So könne man das Interesse bei jungen Menschen für Themen wecken, mit denen Kinder und Jugendliche weltweit konfrontiert werden. Ein Impuls, den einige studentische Filmprojekte – etwa mit Fokus auf Gewalt gegen Kinder in Familien, aber auch in Kriegssituationen – aufnahmen und umsetzten.

Medienbildung gegen Polarisierung und Populismus

Anna Antonakis/privat


Vorträge und Diskussionen: Studierende tauschen sich über ihre Ideen für die anstehenden Videoprojekte aus.

Das erste Ergebnis: digitale Medienkompetenz     
„Diese Beiträge zeigen, dass wir unser erstes Ziel, arabische und deutsche Studierende sowie Dozierende in Konzepten der digitalen und der Medienkompetenz zu schulen, erreicht haben“, sagt Antonakis. Das sei aber nur ein Zwischenziel des Projekts. Langfristig könne es dazu beitragen, den sozialen Frieden in und zwischen Gesellschaften zu fördern sowie Stereotype und Feindbilder abzubauen. Und so Mediennutzerinnen und -nutzer sowie Medienproduzentinnen und -produzenten in die Lage zu versetzen, Fake News, Hassreden und „Othering“, also die Ausgrenzung von Minderheiten, die zu Fremdenfeindlichkeit führen kann, zu erkennen und zu bekämpfen.

Michael Siedenhans (15. Dezember 2020)

Deutsch-Arabische Transformationspartnerschaft

2012 startete das Förderprogramm mit Mitteln des Auswärtigen Amtes mit den Zielländern Ägypten und Tunesien. 2013 kamen Jemen, Jordanien, Libyen und Marokko hinzu, 2016 Irak und Libanon. Das Programm beinhaltet drei Programmlinien. Das Projekt „Media und Digital Literacy Academy Beirut“ wurde im Rahmen der Programmlinie 2: Deutsch-Arabische Kurzmaßnahmen gefördert.