Brücken zwischen Forschung und Lehre bauen
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Ziel der Europäischen Hochschulallianzen: eine enge Verbindung zwischen Forschung und Lehre.
Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen, vor denen wir stehen, machen nicht an nationalen Grenzen halt. Studierende müssen diese Probleme künftig gemeinschaftlich angehen, um innovative Lösungen zu finden. Die Europäischen Hochschulallianzen UNITE!, Una Europa und SEA-EU zeigen, welchen Beitrag eine enge Verknüpfung von Forschung und Lehre dazu leisten kann.
„Es sollte unser Ziel sein, die Studierenden, die in Zukunft auch Forschende sind, perfekt auf die Forschung vorzubereiten. Je früher und je näher sie an der Forschung dran sind und wissen, wie diese funktioniert, desto besser können sie sich gegenseitig Impulse geben.“ Was Prof. Dr. Jochen Hack von der Technischen Universität (TU) Darmstadt formuliert, ist auch ein Ziel der Europäischen Hochschulallianzen, nämlich Forschung und Lehre eng miteinander zu verbinden, um sich gegenseitig zu befruchten. Hack arbeitet bei der Europäischen Hochschulallianz UNITE! mit und leitet an der TU Darmstadt, einem der Partner von UNITE!, das Fachgebiet Ingenieurökologie.
Prof. Dr. Jochen Hack hat das Format „Research Encounter“ für UNITE! etabliert, eine Plattform, die den Austausch zwischen Masterstudierenden und Forschungsgruppen ermöglicht.
UNITE! steht für University Network for Innovation, Technology and Engineering”. Die Fokusthemen der Allianz sind Energie, Nachhaltigkeit, Künstliche Intelligenz und Industrie 4.0. „Für uns war bei der Schwerpunktsetzung maßgeblich: In welchen Bereichen sind wir sieben Allianzpartner besonders gut, wo gibt es Überschneidungen und welche Mehrwerte ergeben sich für die Allianz?“, sagt Dr. Andreas Winkler, Generalsekretär von UNITE! und damit verantwortlich für die operative Leitung der Allianz.
Plattform für laufende Forschungs- und Abschlussarbeiten
Genau um diese Überschneidungen, um das Schaffen von Übergängen zwischen Forschung und Lehre, geht es in einem konkreten Projekt von Hack: dem Research Encounter. Diesen hatte Hack in den vergangenen zwei Jahren an der TU Darmstadt als wiederkehrendes Veranstaltungsformat zum Austausch über aktuelle Forschungs- und Abschlussarbeiten für seine Forschungsgruppe und Studierende etabliert. „Dort können Studierende Schnittstellen bei Arbeiten identifizieren, die zwar verschiedene Inhalte haben, aber den gleichen Themenbereich oder Kontext behandeln – perfekt, um sich bei der Suche nach einer Aufgabenstellung für Abschlussarbeiten zu informieren“, sagt Hack. Für UNITE! haben zwei Allianzpartner dieses Format nun virtuell aufgesetzt: die TU Darmstadt und die Universidade de Lisboa. Unter dem Titel „Roofs, walls and open space – Green Infrastructures and Nature-based Solutions in urban areas“ haben sich angehende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beider Partneruniversitäten über ihre aktuellen Forschungsprojekte und Abschlussarbeiten ausgetauscht sowie einen interdisziplinären und internationalen Diskurs darüber geführt. „Damit haben wir den Research Encounter zum ersten Mal als Austausch- und Vernetzungsinstrument zwischen den Forscher- und Studierendengruppen von zwei Universitäten genutzt“, erläutert Hack. Die Resonanz auf diesen horizontalen und vertikalen Austausch sei sehr positiv gewesen. Auch seine Kollegin von der Universidade de Lisboa, Prof. Cristina Matos Silva, die Hack erst über dieses Format kennengelernt hatte, war begeistert.
Dr. Andreas Winkler, Generalsekretär von UNITE!: „Die Idee ist, im Kleinen mit guten Lehr- und Lernformaten zu starten, sie auszubauen und als Blaupause zu nutzen.“
Es seien diese Bottom-up-Ansätze, die die Allianz fördern und ausbauen will, sagt Winkler. Die Forschenden und Lehrenden sollen die Allianz als Plattform nutzen: einerseits, um neue Formate auszuprobieren, andererseits, um ihre Netzwerke auszubauen und sich bei der Wahl der passenden Partnerhochschulen und -institutionen Unterstützung zu holen. Und das sei wichtig, sagt Hack: „Es hört sich immer so leicht an, Forschung und Lehre nahtlos miteinander zu verknüpfen, aber da geht einfach viel über persönliche Kontakte. Und ein Netzwerk wie UNITE! ist dafür perfekt.“
Die Partner von UNITE!
- Technische Universität Darmstadt, Deutschland
- Aalto University, Helsinki/Espo, Finnland
- KTH Royal Institute of Technology, Stockholm, Schweden
- Institut Polytechnique de Grenoble, Frankreich
- Politecnico di Torino, Italien
- Universitat Politècnica de Catalunya, Barcelona, Spanien
- Universidade de Lisboa, Portugal
Gemeinsame Themen für Forschung und Lehre
Auch die Hochschulallianz Una Europa berücksichtigt die Verbindung von Forschung und Lehre. Dazu Herbert Grieshop, Operational Lead von Una Europa und Leiter der Abteilung Internationales an der Freien Universität Berlin, die Partner dieser Hochschulallianz ist: „Una Europa hat zwei Kernsäulen: zum einen 1Europe, das den Fokus auf die Bereiche Bildung und Lehre legt, und zum anderen Una.Resin mit dem Schwerpunkt auf Forschung. Beide Säulen haben identische thematische Schwerpunkte – Cultural Heritage, European Studies, Sustainability, Data Science and Artificial Intelligence sowie One Health – und sind dadurch eng miteinander verzahnt.“
Herbert Grieshop, Una Europa: „Wenn Forschung und Lehre an mehreren Standorten zusammenlaufen, gewinnt Europa als Forschungsraum eine stärkere Bedeutung.“
Zum Themenschwerpunkt One Health arbeitet aktuell eine Gruppe aus Forschung und Lehre zusammen, die grenzübergreifend denken muss: In der Lehre will One Health sowohl die physische als auch die virtuelle Mobilität von Studierenden und Dozierenden zwischen den Partneruniversitäten erhöhen sowie gesundheitsbezogene Kurse und Lehrveranstaltungen austauschen. Zudem will One Health neue Kurse auf Master- und PhD-Niveau entwickeln. In der Forschung ist eine stärkere Beteiligung an aktuellen und zukünftigen europäischen Forschungskonsortien geplant, die sich zum Beispiel mit antimikrobieller Resistenz, transnationaler Forschung, Lebensmittelsicherheit und der African One Health-Forschung befassen.
Alle Statusgruppen integrieren
Der FU Berlin ist es wichtig, alle Statusgruppen in die Una Europa Community zu integrieren. „Gerade wenn wir unsere Forschenden und Lehrenden für Una Europa gewinnen wollen, müssen wir ihnen den Zugang erleichtern. Dafür haben wir verschiedene Programme aufgesetzt“, erläutert Sonja Yeh, Projektleiterin von Una Europa an der FU Berlin. So richte sich das Una Europa Starter Funds Programm beispielsweise an Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftler und leitende nichtwissenschaftliche Beschäftigte, um leichter Kontakte für gemeinsame Projekte mit Allianzpartnern anzubahnen. Das Early Career Host Program ermögliche es Doktorandinnen und Doktoranden, erste Erfahrungen als Gastgeber eines selbstkonzipierten und -organisierten wissenschaftlichen Workshops zu sammeln.
Sonja Yeh, Projektleiterin von Una Europa an der FU Berlin, sieht Vorteile für die kommende Generation: Diese lernt interkulturell, praxisorientiert und multiperspektivisch.
Spitzenforschung fördern
Die Gründe, warum es für die Europäischen Hochschulallianzen wichtig sei, Forschung und Lehre miteinander zu verbinden, seien vielfältig, sowohl auf nationaler und europäischer wie auch auf internationaler Ebene, so Grieshop. „Forschungsthemen, Frage- und Problemstellungen lassen sich meist nicht geografisch begrenzen. Aber indem wir kooperieren und unsere Forschungsstärken bündeln, ergeben sich unterschiedliche Perspektiven und bessere Lösungen.“ Außerdem erhöhe sich das Innovationspotenzial, wenn Forschung und Lehre an mehreren Standorten zusammenlaufen, und Europa erhalte als Forschungsraum eine stärkere Bedeutung. Die Vorteile für die kommende Generation fasst Yeh so zusammen: „Durch die enge Verbindung von Forschung und Lehre lernen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler interkulturell, praxisorientiert und multiperspektivisch.“
Die Partner von Una Europa
- Freie Universität Berlin, Deutschland
- Universität Bologna, Italien
- University of Edinburgh, Großbritannien
- Universität Helsinki, Finnland
- Jagiellonen-Universität, Krakau, Polen
- KU Leuven, Belgien (Lead)
- Universidad Complutense de Madrid, Spanien
- Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne, Frankreich
Internationale Teams formen und stärken
Internationale Teams von Studierenden, Forschenden und Lehrenden, die miteinander im Austausch stehen, sind auch für die Europäische Hochschulallianz SEA-EU elementar. Hinter SEA-EU steht die Europäische Universität der Meere. Sie vereint sechs Universitäten in Küstenstädten mit einer langen, historisch entwickelten kulturellen und wirtschaftlichen Tradition. Die sechs Partner, zu denen auch die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel gehört, vertreten zusammen alle europäischen Meere. „Für unser Konsortium ist die Vermittlung von Kenntnissen über die Meeresumwelt, die Meeresressourcen sowie den nachhaltigen Schutz und die Nutzung der Ozeane ein zentrales Anliegen“, sagt Prof. Dr. Ralph Schneider, der die Uni Kiel in der SEA-EU vertritt und Direktor des meereswissenschaftlichen Forschungsschwerpunktes Kiel Marine Science (KMS) ist.
Prof. Dr. Ralph Schneider: „Durch die internationale Verzahnung von Forschung und Lehre verstehen die Studierenden viel besser, dass ihre Themen geografisch nicht begrenzt sind.“
Nachwuchs früh in Forschungsprojekte einbeziehen
„In Kiel haben wir schon lange das Konzept, junge Studierende früh in Forschungsprojekte einzubeziehen und sie mitarbeiten zu lassen. Masterstudierende nehmen unter anderem an Expeditionen teil, finden dort den Einstieg in die Methodik, zum Beispiel durch Probenentnahmen, kommen mit ihrem Material zurück, bearbeiten es hier und lassen es später, mit einer thematisch komplexeren Anforderung, in die Doktorarbeit einfließen. Mit SEA-EU wollen wir dieses Konzept jetzt auch auf europäischer Ebene umsetzen“, so Schneider. Was die Universität Kiel und die anderen Partner in ihren Küstenlagen besonders auszeichnet: „Wir machen in unseren Randlagen extrem fortschrittliche Forschung und arbeiten dabei sehr eng mit der regionalen Wirtschaft zusammen. Das sind keine Riesenkonzerne, aber durchgehend Innovationsträger, die sich mit Themen wie Windparks, autonomen Fähren, Aquakultur, Emissionsreduzierung im Schiffsverkehr etc. beschäftigen und unseren Studierenden interessante Praktika bieten.“
Die Partner von SEA-EU
- Universität Cádiz, Spanien (Lead)
- Université de Bretagne Occidentale, Brest, Frankreich
- Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Deutschland
- Universität Danzig, Polen Universität Split, Kroatien
- Universität Malta
Europäische Teams für europäische Fragestellungen
Die Grundidee sei, so Schneider, europäische Teams von Studierenden und Dozierenden für globale Probleme und Fragestellungen zusammenzustellen. „Eine Gruppe befasst sich mit dem Phänomen invasiver Quallenarten, die aufgrund des Klimawandels auftreten. Eine andere beschäftigt sich mit Tourismusideen. Diese Studierenden verstehen durch die internationale Verzahnung von Forschung und Lehre viel besser, dass ihre Themen keine nationalen sind, sondern für die Ostsee genauso relevant sind wie für das Mittelmeer. Für den Golf von Cádiz ebenso wie für die Nordsee“, sagt Schneider. „Und das sind dann die Kommunikatoren und Forschenden von morgen, die wir brauchen.“
Astrid Hopp (19. November 2020)
Informationen zu den Hochschulallianzen
Weiterführende Links
- DAAD Aktuell: Neuer DAAD-Podcast widmet sich den Europäischen Hochschulallianzen
- Nationales Begleitprogramm „Europäische Hochschulnetzwerke (EUN) – nationale Initiative“
- EU-Initiative „Europäische Hochschulen“
- Informationen der NA beim DAAD zur EU-Initiative
- DAAD Aktuell: Europäische Hochschulen für mehr Zusammenhalt in Europa
- DAAD Aktuell: „Ein Beitrag für ein starkes, kreatives und innovatives Europa“
- DAAD Aktuell: „Konsequente Weiterentwicklung der strategischen Partnerschaften“
- DAAD Aktuell: Chancen der Europäischen Hochschulen
- DAAD Aktuell: Wie sich Europäische Hochschulallianzen mit lokalen und regionalen Partnern vernetzen
- DAAD Aktuell: Wie Europäische Hochschulallianzen eine europäische Identität stärken wollen
- DAAD Aktuell: „Europäische Hochschulallianzen im Dienst der Gesellschaft“
- DAAD Aktuell: Digitalisierung macht sichtbar und mobil
- DAAD Aktuell: Mehrsprachigkeit im europäischen Bildungsraum